Open Space für Meetings nutzen

Für die Nutzung von Open Space in kurzen Meetings habe ich ein Format entwickelt. Es heißt “Instant Open Space”. Nachstehend finden Sie dazu eine wunderbare Anleitung, die Valentin Nowotny und Christiane Tantau in ihrem Buch “Erfolgreiche Trainings und Seminare gestalten” 1 beschrieben haben und die ich mit deren freundlicher Genehmigung hier veröffendliche. 

Instant Open Space nach Alexander Schilling

Eckdaten

Ziel: Bei dieser Methode werden die Teilnehmer zur eigenen Themensetzung angeregt, diskutieren frei über das, was von Interesse ist, entwickeln Ideen und planen Projekte.

Gruppengröße: 6 bis 50 Teilnehmer
Dauer: 2 bis 3 Stunden
Material: große selbstklebende Metaplankarten

Ablauf

Diese Methode basiert auf der Methode Open Space Technology Conference, einem Change-Instrument für Konferenzen ab 50 Teilnehmern. Die Grundidee dieser Methode ist, dass die wirklich wichtigen Gespräche einer Konferenz immer in den Kaffeepausen stattfinden. Bei den Open Space Konferenzen gibt es daher keine feste Agenda, sondern nur ein Oberthema und viel Gestaltungsraum, den die Teilnehmer mit Leben füllen sollen. Die Teilnahme ist freiwillig und es passiert rein gar nichts, außer die Teilnehmer nehmen es selbst in die Hand. Jeder hat die Möglichkeit, selbst Themen zu setzen, die in eine gemeinsame Matrix eingetragen werden. Zu jedem gesetzten Thema findet eine Session statt. Die maximale Länge der Sessions wird vorher festgelegt und wird in der Matrix festgehalten. Nach den Sessions kommen alle wieder gemeinsam zusammen und tauschen die Ergebnisse aus.

Das Instant Open Space ist eine komprimierte Variante, die sich hervorragend für Seminare eignet und dabei den gleichen Prinzipen folgt. Da die Teilnehmer die Themen bestimmen, ist jeder Instant Open Space anders. Die Grundstruktur bleibt dabei aber immer gleich.

  • Es sollte auch beim Instant Open Space ein übergeordnetes Thema oder eine Fragestellung geben, die komplex genug ist, um Unterthemen zu ermöglichen und mehrere Stunde darüber zu sprechen. Gleichzeitig darf das Thema nur so groß sein, dass in 2-3 Stunden Zeit auch Ideen, Strategien und Konzepte zum Thema entwickelt werden können.
  • Die Teilnehmer sitzen in einem Stuhlkreis in der Mitte des Raumes. Legen Sie weitere Orte im Raum für Sessions fest. Diese sind beispielsweise durch Buchstaben markiert. Bei 6 Teilnehmern bieten sich 3 Session-Orte, ab 12 Teilnehmer bereits 4 Session-Orte an. Das Thema des Instant Open Space sollte sichtbar visualisiert werden. Außerdem befindet sich an der Wand eine offene Matrix, bei der horizontal die Sessionorte stehen und vertikal die Anzahl der Session-Runden. Es sind entweder zwei lange Sessionrunden von 60 bis 75 Minuten oder drei kurze von 30 bis 45 Minuten zu empfehlen. Die Matrix können Sie mit Hilfe von großen selbstklebenden Metaplankarten an die Wand
  • Wenn die Teilnehmer anwesend sind, beginnen Sie mit einer Vorstellungsrunde. Nutzen Sie auch hier einen Talking-Stick (Vgl. Posiumsdiskussion S. x), um Ruhe in die Runde zu bringen. Anschließend wird das Thema benannt und mögliche Einschränkungen erläutert (wenn es sich beispielsweise um die Planung eines Projekts handelt, kann es monetäre Grenzen geben). Wenn die Regeln und der Ablauf bekannt sind, kann es losgehen. Der Instant Open Space beginnt damit, dass die Teilnehmer Sessions posten können. Alle bekommen große selbstklebende Metaplankarten in die Hand und können darauf Themen oder Fragestellungen zum Oberthema schreiben, die sie interessieren und gerne bearbeiten möchten (Ein Thema pro Karte). Wer eine Session postet, ist für die Dokumentation der Inhalte in dieser Session verantwortlich. Es wird nicht erwartet, dass er die Session leitet oder sich mit dem Thema besonders gut auskennt. Die Teilnehmer haben fünf Minuten Zeit Sessions zu posten. Nach einander stellen die Teilnehmer ihre Themen vor, nennen dabei deutlich ihren Namen und überlegen sich, an welchem Sessionort und in welcher Sessionrunde diese stattfinden soll. Sie kleben ihre Karte an die entsprechende Stelle in der Matrix. Wenn keine Sessions mehr benannt werden, aber noch Plätze in der Matrix frei sind, haken Sie noch einmal nach.
  • Nun können Sie den Marktplatz eröffnen. Alle Teilnehmer ordnen sich den Sessions zu, bei denen sie gerne dabei wären und schreiben ihren Namen unter das Thema. Anschließend schaut sich die Gruppe die Matrix gemeinsam an und hat nun die Möglichkeit, Sessions zusammen zu legen, wenn sich die Themen stark überschneiden. Handelt es sich aber um zwei Aspekte eines Themas, so sollten beide ihren eigenen Raum bekommen. Genauso können Sessions wiederum in zwei Unteraspekte geteilt werden, wenn sich beispielsweise alle für diese Session interessieren.
  • Nun gehen die Teilnehmer in die Sessions und arbeiten eigenständig an ihren Themen. Während dessen gibt es 4 goldene Regeln, die Sie zu Beginn des Instant Open Space erläutern sollten.
  1. Wer auch kommt, es sind immer genau die richtigen Leute!

    Wenn also keiner zu einer Session kommt, dann hat das Thema in dieser Runde keinen hohen Stellenwert und das ist genau richtig so. Wer also alleine in seiner Session sitzt, sollte sein Interesse an diesem Thema jedoch ernst nehmen und zumindest einen Teil der Session eigenständig daran arbeiten. Niemand ist verpflichtet, zu der Session zu gehen, zu der er sich angemeldet hat. Die Teilnehmer haben ihre Namen eingetragen, um ungefähr abschätzen zu können, wie viele Teilnehmer in welcher Session zu erwarten sind. Man darf eine Session auch jederzeit verlassen, um vielleicht in eine andere zu gehen. Auf diese Weise wird man zur „Open Space Biene“, die die verschiedenen Sessions verknüpft und befruchtet. Man sollte sich beim Open Space über die Teilnehmer freuen, die da sind, anstatt sich darüber zu ärgern, wer nicht da ist!

  1. Was auch immer geschieht, ist genau das, was geschehen konnte und ist o.k!

    Es gibt keinen Ergebnisdruck oder Plan, nach dem eine Session abläuft. Der Inhalt wird ganz allein durch das Interesse der Teilnehmer gelenkt.

  1. Es beginnt, wenn es beginnt!

    Wenn ein oder zwei Teilnehmer am Session-Ort anfangen, dann ist das o.k. Wenn sie aber noch auf die anderen eingetragenen Teilnehmer warten möchten, ist dies auch o.k. Wer nicht gleich zu seiner Session geht, sondern vielleicht lieber noch einmal einen Kaffee trinkt, darf auch das tun.

  1. Vorbei ist vorbei! Nicht vorbei ist nicht vorbei!

    Die maximale Zeitspanne für die Session muss nicht vollständig ausgenutzt werden. Lediglich nach hinten gibt es natürlich ein Zeitlimit. Themen können jedoch in weitere Sessions mit eingebracht werden.

Im Anschluss an die zwei oder drei Session-Runden kommen alle wieder zusammen in den Stuhlkreis. Die Ergebnisse der Sessions sollten im Anschluss an den Open Space beispielsweise per E-Mail oder Fotoprotokoll für alle zugänglich gemacht werden.

Praktische Erfahrungen

Bei dieser Methode bekommen nur jene Themen Raum, die die Teilnehmer brennend interessieren. Auf diese Weise entsteht eine Dynamik und Eigeninitiative, die wir noch mit keiner anderen Methode erreichen konnten. Haben Sie keine Sorge, dass die Teilnehmer die Zeit nutzen um faul zu sein. Ganz im Gegenteil: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Teilnehmer im Instant Open Space ihre produktivsten Momente erleben und Konzepte und Ideen erschaffen, die noch lange über das Seminar hinaus bestehen bleiben.

Variationen

Wenn zwei Gruppen zum selben Thema parallel arbeiten, wie es oft bei firmeninternen Programmen der Fall ist, können Sie diese Gruppen ideal zu einem Instant Open Space zusammenlegen. Möglicherweise wurden in beiden Gruppen unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Beim Instant Open Space können die Gruppen ihr Wissen und ihre Ansichten austauschen und sich gegenseitig befruchten.

Einsatzmöglichkeiten

Benutzen Sie diese Methode, wenn es darum geht, dass Ihre Teilnehmer etwas entwickeln, sich ihre ganz persönlichen Gedanken zu dem Thema machen und selbst entscheiden können, was von Interesse ist. Ideal ist das Open Space, wenn es darum geht, Strategien, Konzepte und Zukunftsvisionen für ein Unternehmen oder ein Projekt zu entwickeln. Auch wenn das Seminarthema sehr groß ist und viele Fokussierungen auf Unterthemen möglich wären, ist der Instant Open Space ideal. Da der Inhalt durch die Teilnehmer selbst bestimmt wird, ist jede Teilnehmergruppe geeignet. Klassische Seminarthemen sind: Gesundheitsmanagement, Changemanagement, Workshops zu Projekten oder Konzeptwerkstätten, Burnout, Social Media oder Führung.

Achtung!

Unterschätzen Sie bei dieser Methode nicht die Relevanz einer gemeinsamen Vorstellungs- und Abschlussrunde. Genauso wie bei jedem Seminar Anfang und Ende essentiell sind sind diese bei jeder einzelnen Methode wichtig, um hinein zu kommen und einen Abschluss zu finden. Beim Instant Open Space hat dies eine besondere Relevanz, da die Methode aus vielen sich selbst organisierenden Kleingruppen besteht. Nur wenn dem Anfang und dem Ende Zeit gewidmet wird, kann eine runde Veranstaltung entstehen.

Achten Sie außerdem darauf, dass Sie als gutes Beispiel voran gehen und die Regeln des Instant Open Space einhalten; beispielsweise reden auch Sie nur mit dem Talking-Stick.

Tipps!

Nach den Prinzipien der ursprünglichen Open Space Konferenzen sollten Sie die ganze Zeit über ein kleines Buffet anbieten. Dieses erhöht den „Kaffeepausen-Effekt“, bei dem durch die Ungezwungenheit der Atmosphäre die besten Ideen zustande kommen. Die Teilnehmer können sich während der Sessions bedienen und können sich am Buffet miteinander austauschen.

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Quellennachweis:
S.88 ff. in: Nowotny, Valentin; Tantau, Christiane “Erfolgreiche Trainings und Seminare gestalten. Methoden und Strategien für einen nachhaltigen Transfer in die Praxis”, Cornelsen, Berlin 2012; zum Bookstore >>>